Wir bekommen täglich mehrere PPA-Vertragsmuster von unseren Mandanten zur Prüfung und Verhandlung auf den Tisch. Es handelt sich um PPA´s jeder Größe, von Lieferungen aus Off-Shore-Windparks oder Freiflächen-PVs von mehreren Hektar bis hin zu Lieferungen aus kleinen PV-Anlagen auf einem Dach. Die Laufzeiten reichen von einem bis hin zu 15 Jahren.
Das Fazit unserer Prüfungen ist erschreckend: Es gibt kaum gute, ausgeglichene Vertragsmuster. In keinem Fall konnten wir eine Unterzeichnung ohne erhebliche Modifikationen empfehlen. Das gilt auch für die sehr großen Player und die traditionellen Energieversorgungsunternehmen. Einige versuchen ersichtlich, die immense Nachfrage nach PPA´s der Industrie auszunutzen.
Die Mängel an den PPA-Vertragsmustern sind vielfältig. Einige Beispiele:
- Es fehlen verbindliche Lieferverpflichtungen für Strom und Herkunftsnachweise.
- Es wird nicht sichergestellt, dass der Kunde tatsächlich den aus einer bestimmten Anlage erzeugten Strom geliefert bekommt.
- Die Preise liegen mehr als 100 % über vergleichbaren PPA´s.
- Die Regelungen zu den Herkunftsnachweisen sind ungenügend. Teilweise werden die Voraussetzungen für die Nutzung von energierechtlichen Privilegien (Stichwort: Ökologische Gegenleistung) nicht geschaffen, in den schlimmsten Fällen hätten die Kunden ihren Eigenverbrauch nicht als „Grünstrom“ deklarieren können.
- Es gibt umfangreiche Nutzungsbeschränkungen für den bezogenen Strom, wie sie nur noch die „alten Hasen“ aus lang vergangenen Zeiten kennen. Das Entsprechende gilt für die gelieferten Herkunftsnachweise.
- Es fehlen Preisanpassungsrechte, die auch die Interessen des Kunden berücksichtigen.
- Der Umgang mit einer möglichen Strompreisbremse und Übergewinnsteuer werden nicht geregelt.
- Der Anbieter räumt sich einseitige Vertragsänderungsansprüche und besondere Kündigungsrechte ein.
- Der Anbieter sichert sich umfangreiche Rechte zur eigenen wirtschaftlichen Optimierung unter Befreiung von den Lieferpflichten.
- Die Regelungen zum Prognose- und Bilanzkreismanagement sind lückenhaft.
- Der PPA passt nicht mit dem Liefervertrag von Residualmengen oder das sonstige Beschaffungskonzept zusammen. Der Stromwirtschaft fehlen insb. Angebote/Produkte, wie in längeren Lieferverträgen mit ungewissen dazukommenden, neuen PPA´s umgegangen werden soll.
- Und vieles, vieles mehr.
Sie sollten PPA´s daher keinesfalls ungeprüft und vorschnell abschließen, auch wenn der Druck der Geschäftsführung noch so groß ist, PPA-Projekte ins Portfolio zu holen. Wenn die Möglichkeit besteht, raten wir zudem, unsere RGC-Musterverträge einzusetzen. Wer weiter ins Thema einsteigen möchte, sollte an unserem RGC-Fokus: Praxistipps zum Einkauf von grünem Strom über PPA´s am 08.12.2022 teilnehmen.
Autoren: Prof. Dr. Kai Gent
Lena Ziska
Annerieke Walter
Aletta Gerst