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29.11.2021 12:00

LG Dresden: Unwirksamkeit von 20-jährigen Festlaufzeiten als AGB in Betriebsführungsverträgen für Windkraftanlagen

Urteil vom 25.06.2021, Az.: 44 HK O 80/19
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© gunnar3000 / Fotolia

In dem vorstehenden Rechtsstreit hat das LG Dresden entschieden, dass in Verträgen über die technische und kaufmännische Betriebsführung von Windenergieanlagen feste Vertragslaufzeiten von 20 Jahren in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind.

Relevanz: Das LG Dresden befasst sich in seinem Urteil mit der Frage, ob Vertragslaufzeiten von 20 Jahren in Betriebsführungsverträgen als Allgemeine Geschäftsbedingungen eine unangemessene Benachteiligung des Betreibers darstellen und somit nach § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB unwirksam sind.

Hintergrund: Das klagende Unternehmen macht offene Vergütungszahlung und Schadensersatz aus Betriebsführungsverträgen von Windenergieanlagen gegenüber der Eigentümerin dieser Anlagen geltend.

Die Klägerin hat im Wege von Betriebsführungsverträgen die kaufmännische und technische Betriebsführung nebst deren Infrastruktur von Windenergieanlagen vorgenommen. Die Beklagte hat die Windenergieanlagen inklusive der Betriebsführungsverträge erworben und ist Betreiberin dieser Windenergieanlagen. Die abgeschlossenen Betriebsführungsverträge enthalten eine Klausel über eine Mindestvertragsdauer von 20 Jahren. Die Beklagte hat den Vertrag vor Ablauf der 20 Jahre ordentlich gekündigt. Die Klägerin widersprach dieser Kündigung und hat die Verträge selbst aus wichtigem Grund gekündigt.

Klärungsbedürftig war vor allem, ob die ordentliche Kündigung vor Ablauf der vereinbarten Mindestvertragsdauer unwirksam ist. Das LG Dresden hat die Klage aus den folgenden Gründen abgewiesen:

  • Eine Klausel mit einer Mindestvertragsdauer von 20 Jahren stellt eine unangemessene Benachteiligung dar, die zu einer Unwirksamkeit gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1 führt.
  • Das Gericht stuft die Betriebsführungsverträge als Dienstverträge ein, die gem. § 621 BGB mit kurzen Fristen ordentlich kündbar sind.

  • Eine derart große Abweichung von der gesetzlichen Regelungsfrist ist nur bei einer besonderen Rechtfertigung zulässig.
  • Bei der Betriebsführerin fallen neben laufenden Personalkosten üblicherweise keine weiteren erheblichen Investitionskosten an, insbesondere keine Wartungskosten.
  • Zudem sei die Absicht der Gewinnmaximierung seitens der Betriebsführerin, als nicht schützenswertes Interesse einzuordnen.
  • Das Gericht verweist hierzu auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, die bei Wartungsverträgen bereits eine Laufzeit von 10 Jahren als unwirksam ansieht.
  • Der Anlagenbetreiber hat demgegenüber ein besonderes Interesse an einer kurzen Kündigungsfrist, um beispielsweise die Betriebsführung selbst zu übernehmen oder sich bei schlechter Arbeitsleistung des Anbieters schneller vom Vertrag lösen zu können.

Durch dieses Urteil steigen die Chancen von Investoren, die in der Vergangenheit Windparks inklusive langer Betriebsführungsverträge erworben haben, sich von diesen Verträgen vorzeitig zu lösen.

RGC Tipp: Die Entscheidung nebst Begründung des LG Dresden kann auch in ähnlichen Konstellationen, in denen die Betriebsführung einer Erzeugungsanlage per Vertrag mit Mindestlaufzeiten übertragen wurden, herangezogen werden.

Autoren: Pia Weber
                Joel Pingel

    

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