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09.06.2022 16:45

Keine Einigung für Reform des EU-Emissionshandels

Am Mittwoch wurde über zentrale Teile des „Fit for 55“-Paketes abgestimmt. Geplant war die Ausweitung des Emissionshandelssystems auf die Bereiche Gebäude und Verkehr sowie eine schnellere Reduktion der vom ETS abgedeckten Emissionen. Ein Konflikt über das Ende der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten für die Industrie im Emissionshandel führte allerdings zur Ablehnung des gesamten Dossiers des Emissionshandelssystems.
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© Erich Westendarp/Pixabay

Die Zeit im Kampf gegen den Klimawandel ist knapp. Mit dem Fit-for-55-Paket soll das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, erreicht werden (wir berichteten). Dementsprechend gut gefüllt war die To-Do-Liste des Europäischen Parlaments am Mittwoch. Abhaken konnten die Abgeordneten am Ende des Tages allerdings nur wenige Punkte. Ihren Frust darüber ließen sie in zahlreichen Kommentaren auf Twitter aus, in denen sie sich gegenseitig die Schuld zuschieben.

In der Sitzung am Mittwoch sollte unter anderem die Reform des EU-Emissionshandels (ETS), das neue CO2-Grenzsausgleichssystem (CBAM), der Klimasozialfonds, die neuen CO2-Flottengrenzwerte im Verkehr, die vollständige Einbeziehung des Schiff- und Luftverkehrs in den Emissionshandel, die nationalen Klimaziele nach der Lastenteilungsverordnung und die Ziele für den Landnutzungssektor LULUCF beschlossen werden. Alles wichtige Entscheidungen zum Erreichen der klimapolitischen Ziele.

Bei der Abstimmung über das Ende der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten für die Industrie im Emissionshandel kam es zum Konflikt zwischen der christdemokratischen EVP mit den Grünen und Sozialdemokraten. Der Kompromiss, auf den sich der Umweltausschuss mühsam geeinigt hatte und der ein Ende der kostenlosen Zertifikate bis 2030 vorsah, wurde abgelehnt. Die EVP hatte sich für ein schrittweises Abschmelzen der freien Zuteilung ab 2028 bis 2034 ausgesprochen. Dieser Vorschlag wurde von Teilen der Liberalen und von den rechten Faktionen ID und ECR mitgetragen. Die Grünen und Sozialdemokraten wollten ein Festhalten an den kostenlosen Zuteilungen bis 2034 in jedem Fall verhindern und stimmten aus Protest gemeinsam mit den rechten Parteien gegen das gesamte Dossier des ETS. Die geplanten Abstimmungen über den EU-Klimasozialfonds und den CO2-Grenzausgleichs-Mechanismus (CBAM) wurden vertagt. Das Dossier wird nun vorerst an den Umweltausschuss zurückgegeben. Eine erneute Abstimmung könnte bereits in der Plenarsitzung vom 22. bis 23. Juni erfolgen.

Angenommen wurden in der Sitzung am Mittwoch die nationalen Klimaziele und die LULUCF-Vorgaben. Außerhalb des ETS wird damit das EU-Klimaziel von 30 auf 40 Prozent verschärft. Zudem wurde erstmals eine Senkenleistung von Wäldern und Mooren von 310 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten festgeschrieben.

Auch das Aus für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren wurde angenommen. Autohersteller sollen verpflichtet werden, die CO2-Emissionen ihrer Neuwagenflotten bis 2035 um 100 Prozent zu senken, was einem Verbot für Benzin- und Dieselmotoren gleichkommt. Ein weiterer Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren wäre dann nur noch unter hohen Strafen möglich. Der Vorschlag, die Pflicht auf eine Senkung auf 90 Prozent zu reduzieren oder synthetische Treibstoffe (E-Fuels) anzurechnen, fand keine Mehrheit.

Eine Einigung gab es zudem bei der Reduzierung von Flugzeugemissionen. Die Abgeordneten stimmten für eine Anwendung des Europäischen Emissionshandels auf alle Flüge, die von einem Flughafen in der EU sowie in Island, Liechtenstein oder Norwegen starten. Ausnahmen soll es allerdings für Flughäfen in EU-Regionen „äußerster Randlage“ geben. Neben der Ausdehnung des Anwendungsbereiches stimmten die Abgeordneten dafür, dass es ab 2025 keine kostenlosen Emissionszertifikate mehr für den Luftverkehr gibt.

Autoren: Prof. Dr. Kai Gent
                 Dr. Franziska Lietz
                 Annika Rott