11.03.2021 09:00
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In Zukunft sollen Fremdstoffe wie Glas, Metalle und Kunststoffe von vornherein aus den Bioabfall-Behandlungsprozessen herausgehalten werden. Im Vordergrund der geplanten Änderung steht daher die Einführung von Vorgaben und Anforderungen an die Fremdstoffentfrachtung von Bioabfällen vor der Zuführung in die erste hygienisierende oder biologisch stabilisierende Behandlung.
Laut Referentenentwurf zur Änderung der Bioabfallverordnung (BioAbfV) soll es einen Input-Kontrollwert für den Fremdstoffgehalt von 0,5 % geben, dessen Überschreitung die Pflicht zur Befreiung des Bioabfalls von den Fremdstoffen auslöst. Die Feststellung einer möglichen Überschreitung des höchstzulässigen Fremdstoffanteils soll mittels Sichtkontrolle erfolgen.
Diese Regelung würde sowohl bei verpackten Lebensmittelabfällen aus dem Handel und der Produktion, als auch bei Abfällen aus den privaten Biotonnen gelten. Ziel dieser Vorgaben ist es, das Entstehen von Mikroplastik während der biologischen Behandlung zu reduzieren.
Die Adressaten der geplanten Verpflichtungen sind die Betreiber von Bioabfallanlagen, welche je nach Ausstattung ihrer Anlagen bauliche und technische Anpassungen tätigen müssten, um die Anforderungen an die Fremdstoffentfrachtung nach der neuen BioAbfV einzuhalten. Das nicht (rechtzeitige) Durchführen einer Sichtkontrolle oder einer notwendigen Fremdstoffentfrachtung soll in die Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 13 BioAbfV aufgenommen werden.
Abgesehen davon ist im Entwurf vorgesehen, dass die bisherige Beschränkung des Anwendungsbereiches der BioAbfV auf den Einsatz von Bioabfällen als Düngemittel auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Böden wegfällt. D. h. die Verordnung würde grundsätzlich für jegliche bodenbezogene Verwertung von Bioabfällen gelten. Dementsprechend wären etwa bei größeren Garten- und Landschaftsbaumaßnahmen, wie z.B. der Begrünung von Lärmschutzwällen, auch Garten- und Landschaftsbaubetriebe von den Dokumentations-, Nachweis-, Vorlage- und Aufbewahrungspflichten nach § 11 BioAbfV als Zwischenabnehmer erfasst. Weiterhin ausgenommen blieben die Eigenverwertung von Bioabfällen pflanzlicher Herkunft.
Auch der persönliche Geltungsbereich der BioAbfV soll erweitert werden. Künftig soll der „Aufbereiter“, welcher Bioabfälle durch Vorbehandlungsmaßnahmen für die hygienisierende und biologisch stabilisierende Behandlung vorbereitet, vom Anwendungsbereich der BioAbfV als weiterer Akteur umfasst sein.
Kritik an dem Referentenentwurf gibt es insbesondere von den Recyclingverbänden. In einer gemeinsamen Erklärung fordern diese, dass für verpackte gewerbliche Lebensmittelabfälle nicht die gleichen Anforderungen festgelegt werden dürften, wie für sonstige Bioabfälle. Andernfalls gerieten langfristige Verträge in Gefahr und Betreiber von Behandlungsanlagen würden zu unverhältnismäßigen Investitionen verpflichtet.
Um die Ziele der Novelle zu erreichen, seien stattdessen zumindest auch Pflichten und Anforderungen zur Getrennterfassung notwendig, die an alle Bioabfallerzeuger gerichtet sind. Die in der Erfassung tätigen Akteure müssten, etwa durch Schaffung von Anreizen für hohe Qualität der Biogutsammlung, in die Verantwortung für eine gute Qualität eingebunden werden.
Die Sammlung der Bioabfälle sei nach Meinung des stellvertretenden Vorsitzenden des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. (bvse), Bernd Jörg, der erste entscheidende Schritt für eine hochwertige stoffliche Verwertung. Die Novelle setze daher insgesamt zu spät an. Ist der Fremdstoffgehalt der angelieferten Bioabfälle zu hoch, ließen sich die Fremdstoffe im frischen und nassen Bioabfall technisch nicht effizient abtrennen. Die Erreichung eines Fremdstoffgehalts von 0,5 % sei zum Teil technisch ausgeschlossen. Aus Sicht des bvse müssten daher Anforderungen an die Bioabfallerfassung formuliert werden und ein maximaler Fremdstoffgehalt für die Anlieferung zur Anlage festgelegt werden. Der nun vorgelegte Entwurf verpflichte dagegen einseitig die Behandlungsanlagen und Sammler kämen ohne konkrete Anforderungen davon.
Dem stimmt auch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. (BDE), Peter Kurth, zu. Die ökologischen Ziele könnten nur erreicht werden, wenn in der BioAbfV die Getrenntsammlung quantitativ ausgebaut und qualitativ verbessert würde. Die BioAbfV löse erhebliche Investitionen im Anlagenbereich aus, ohne dass die ökologischen Ziele erreicht würden. Um eine nachhaltige Lösung zu erreichen, bedürfe es unter anderem eines eigenen Abfallschlüssels. Im gewerblichen Bereich müsse eindeutig zwischen „verpackt“ und „unverpackt“ unterschieden werden und der Begriff „Bioabfall“ müsse für den Bereich der kommunalen Siedlungsabfälle endlich klar definiert werden.
Die Recyclingverbände schlagen in ihrer gemeinsamen Erklärung vor, dass die gelieferten Abfälle im Anschluss an die Sichtkontrolle und auf Grundlage einer regelmäßigen, stichprobenartigen Chargenanalyse in 3 Qualitätsstufen unterteilt werden könnten. Je nach Höhe des Gesamtfremdstoffanteils solle die jeweilige Behandlungsanlage den Bioabfall annehmen oder abweisen bzw. einen finanziellen Ausgleich für den erhöhten technischen Mehraufwand fordern können.
Im Ergebnis ist die geplante Einführung der Vorgaben und Anforderungen an die Fremdstoffentfrachtung von Bioabfällen vor der Zuführung in die erste Behandlung für die Betreiber von Bioabfallanlagen mit großen Investitionen verbunden, welche nach Ansicht verschiedener Recyclingverbände nicht den gewünschten Effekt mit sich bringen. Für eine größtmögliche Reduktion der Entstehung von Mikroplastik müssten die Bioabfallerzeuger einbezogen werden. Dennoch ist, sofern der Entwurf beschlossen wird, auch aufgrund der Erweiterung des Anwendungsbereiches der BioAbfV damit zu rechnen, dass es zu einer Reduzierung des Eintrags von Kunstoffen und sonstigen Fremdstoffen bei der bodenbezogenen Verwertung der Bioabfälle in die Umwelt kommen wird.